Hallo, buntes Zebra,
Ich freue mich sehr, einen Gastbeitrag für Saskias Blog zu schreiben und hoffe, dir einen kleinen Einblick in die Arbeit mit dem verbundenen Atem ermöglichen zu können.
Vielleicht inspiriert es dich auf deinem Weg, sodass du dich wie ich auf die Reise, deinen Atem näher zu erforschen machst.
Ich bin Antonia, von Beruf Erzieherin und angehende Atemtherapeutin.
Lass mich dir ein wenig über mich und meinen Weg zur Atemtherapie erzählen.
Denn vielleicht stellst du dir bereits die Frage, was es damit wohl auf sich hat. Ganz nach dem Motto: „Atmen tut man doch sowieso.“
Bevor ich mich mit dem Atem und seiner Kraft, etwas in Bewegung zu setzen, beschäftigte, habe ich auch so gedacht. Klar, ich habe geatmet, so wie jeder Mensch es tut - doch im Alltag war mir mein Atem gar nicht wirklich bewusst. Dazu aber gleich mehr.
Antonias Weg zum bewussten Atmen
Als ich 2015 eine Essstörung entwickelte, erst Anorexie, später Bulimie, war es für mich schwer zu akzeptieren, dass sich etwas ändern musste, wenn ich weiterleben möchte. Ende 2015 war ich an einen Punkt gelangt, an dem ich selbst erkannt habe, dass sich etwas Grundlegendes verändern muss. Ich hatte keine Kraft mehr, mein Körper schrie innerlich. Meine Eltern waren zu der Zeit sehr besorgt um mich und meine Gesundheit, weshalb meine Mutter Anfang 2016 einen Termin bei einer
Heilpraktikerin für Psychotherapie vereinbarte, die auch Atemtherapeutin ist.
Ich wollte nie dorthin gehen, weil ich doch selbst eingesehen hatte, wieder essen zu müssen, was ich ja auch von mir aus tat. „Reicht das nicht? Warum soll ich denn auch noch zu einer Therapeutin gehen?“ – waren zwei Fragen, die mich sehr beschäftigten.
Meiner Mama zuliebe ging ich trotzdem hin. Nach wenigen Sitzungen brach ich die Therapie aber ab. Zu oft sprachen wir über Themen und Dinge, von denen ich nichts wissen wollte, die mich überforderten und mich zu Hause nicht mehr aus dem Weinen herauskommen ließen.
„Therapie beendet. Ich bin gesund“, dachte ich. Dem war nicht so. Wenn man eine Therapie nach wenigen Stunden abbricht, kann man nicht davon ausgehen, dass sie zu einem langfristigen Erfolg führt.
Monate vergingen und mir ging es psychisch schlechter und schlechter.
Nun beschloss ich einen neuen Anlauf zu wagen. Ich fasste den Entschluss, zur Therapie zu gehen. Von mir aus. Und das ist so wichtig.
Eine Therapie ist nur oder meist nur dann von Erfolg, wenn der*die Klient*in für sich selbst entschieden hat, dass er*sie es will und dass er*sie etwas an der Situation verändern möchte.
Bereitschaft ist so wichtig.
Gleiche Therapeutin, wenige Monate später also. Was erhoffte ich mir? Ich weiß es nicht.
Aber: Von da an begann eine Reise, die bis heute andauert. Eine Reise, die nicht linear verlief und noch heute von Höhen und Tiefen geprägt ist. Ich kam an unzählige Punkte, an denen ich am liebsten umgedreht und erneut aufgehört hätte.
Doch tief in mir wusste ich: „Das ist es.“ Also machte ich weiter und in mir entflammte ein Feuer für die Arbeit meiner Atemtherapeutin. Für die Arbeit, deren Wirkung ich am eigenen Leib spüren konnte. Für die Arbeit, die mich weiterbrachte.
Schon vor Jahren war ich an therapeutischer Arbeit interessiert. Ich las sämtliche Bücher und war immer wieder begeistert, dass man mit verschiedensten Methoden so viel Erfolg erzielen kann. Von der Arbeit mit dem Inneren Kind bis hin zu körperorientierten Methoden war alles dabei. Und so arbeitete ich auch bei meiner Heilpraktikerin.
Weil die Atemtherapie es mir besonders angetan hatte, besuchte ich verschiedene Seminare, Workshops und Infoveranstaltungen rund um den Atem. Je mehr ich mich damit beschäftigte, desto mehr Begeisterung kam in mir auf. Als ich die für mich richtige Atemschule gefunden hatte, entschied ich mich dafür, dort eine Ausbildung zu machen. Schon das erste Seminar hat mich so gefesselt, dass ich gemerkt habe: „Ja! Das ist es!“.
Bewusst atmen - wie geht das und was bringt es?
Doch was genau hat es mit dem Atem auf sich? Und wieso ist diese Form der Therapie so unglaublich heilsam?
Wir atmen seit Beginn unseres Lebens. Und atmen bis ans Ende unseres Lebens. Wir beginnen unser Leben mit dem ersten Atemzug und beenden das Leben mit unserem letzten Atemzug. Zu atmen
bedeutet zu leben. Das zeigt schon mal, wie viel Kraft in dieser Handlung, im Atmen steckt.
Und das, obwohl unser Atmen uns häufig gar nicht wirklich bewusst ist. Obwohl wir ihn nie explizit dazu auffordern, das zu tun, was er eben tut.
Doch das ist längst nicht alles:
Verbinden wir den Ein- und Ausatem miteinander, sprechen wir von der integrativen Atemtherapie.
Du kannst dir deinen Atem wie ein Sprachrohr vorstellen. Ein Sprachrohr, das dauerhaft mit deiner Seele kommuniziert.
Wenn wir verbunden ein- und ausatmen, gelangen wir in unser Innerstes. In unser Unterbewusstsein.
Hier liegen Themen verborgen, von denen du vielleicht gar nicht weißt, dass sie in dir aktiv sind.
Dass sie dich in deinem Denken, Handeln und Fühlen beeinflussen. Mithilfe deines Atmens kannst du Blockaden auf dieser Ebene lösen. Klingt vielleicht weit hergeholt, ist es aber nicht.
Vielleicht kennst du diese Momente, in denen du vor Schreck deinen Atem anhältst. Oder Momente, in denen sich dein Atem verändert, wenn du beispielsweise vor einer Prüfung stehst. Wir tendieren dann oft dazu, flach zu atmen oder kurzzeitig gar nicht zu atmen. In anderen Situationen atmen wir schnell und tendieren vielleicht auch zur Hyperventilation. Das sind verschiedene Atemmuster, die in verschiedenen Situationen aufkommen.
Beobachte doch mal für zwei bis drei Atemzüge, wie dein Atem ein- und ausströmt. Wenn du bewusst auf deine Atmung achtest, bist du ganz bei dir und ganz im Jetzt. Viel zu oft vergessen wir das „Jetzt“. Stattdessen sind wir gedanklich beim „Morgen“ oder sogar schon in der nächsten Woche. In dem Moment, in dem wir uns unseren Atem bewusst machen, sind wir präsent.
An dieser Stelle möchte ich noch einen kleinen Text mit dir teilen, den ich vor Jahren geschrieben habe. Er verdeutlicht ganz gut, was das Atmen für mich ist und was dein Atem dir zeigen kann:
"So wie wir atmen, leben wir.
Unser Atem ist es, der uns am Leben erhält, der uns ein Leben ermöglicht.
Wenn unser Atem im Fluss ist, können wir unbeschwert und frei leben.
Stockt unser Atem hingegen wissen wir oder können davon ausgehen, dass etwas nicht im Gleichgewicht ist. Etwas bedrängt uns, wir können nicht frei atmen.
Oft halten wir in Situationen, in denen wir Angst haben, unseren Atem kurze Zeit an. In solchen Momenten ist es wichtig, sich darüber bewusst zu werden, wovor wir Angst haben. Oft sind es Gefühle, die tief in uns schlummern. Gefühle, die nicht gefühlt werden wollen.
Doch müssen wir sie liebevoll annehmen und gehen lassen, um wieder frei atmen zu können."
Zwei Atemübungen zum Ausprobieren
1.) Als ich mich das erste Mal mit Saskia austauschte, erzählte ich ihr von verschiedensten Methoden, die ich in meiner Ausbildung zur Atemtherapeutin oder in den Sitzungen bei meiner Heilpraktikerin kennenlernen durfte. So begann ich auch von „Prayern“ zu erzählen.
Prayern ist eine Vorgehensweise, bei der man gebetsmühlenartig einen Satz über mehrere Minuten hinweg aufsagt. Man wiederholt einen Satzanfang und führt ihn unterschiedlich fort. Dabei lässt man sich vom Atem treiben und spricht einfach aus, was kommt. Die ersten Sätze kommen oftmals noch aus dem Kopf. Das ist normal. Nimmst du deinen Atem mit, lässt du dich von ihm führen, kommst du nach einer Weile immer tiefer.
Prayern funktioniert allein, aber auch zu zweit, indem man sich gegenüber sitzt und einer beginnt, die Sätze auszusprechen. Folgende Sätze kannst du für diese Methode benutzen:
Ich hoffe, ich konnte dir die Methode des Prayern ein wenig näher bringen.
Ich finde diese Methode sehr kraftvoll und von einer sehr hohen Intensität, wenn man sich darauf einlässt.
2.) Zum Abschluss möchte ich dir eine weitere Übung an die Hand geben, die du, wo auch immer du bist, durchführen kannst, um dich bewusst mit dir und deinem Atem zu verbinden.
1. Wenn du magst, schließe deine Augen und beginne dich auf deinen Atem zu konzentrieren.
2. Bist du vertraut mit deiner Atmung? Wie fließt dein Atem? Sanft und tief oder eher schnell und flach?
3. Bleibe ein paar Atemzüge mit deiner Aufmerksamkeit dabei und versuche den Ein- und den Ausatem miteinander zu verbinden. Lasse die Pause zwischen Ein und Ausatem weg. Vielleicht magst du dir einen Kreis visualisieren. Du ziehst den Atem bis zum höchsten Punkt in deinem Kopf und lässt ihn über hinten nach unten fallen.
Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Einblick in die Arbeit mit dem Atem ermöglichen und freue mich, wenn ich dich ein wenig inspirieren konnte.
Zu atmen bedeutet zu leben.
Zu leben bedeutet zu fühlen.
Zu fühlen bedeutet zu leben.
Die Reise beginnt mit dem ersten Atemzug und endet mit dem letzten Atemzug.
Dein Atem begleitet dich dein Leben lang, wieso dann nicht ein bisschen sanfter und bewusster damit sein?
Genieße jeden Atemzug.
Genieße dein Leben.
Denn nur weil du atmest, kannst du leben.
Dein Atem wurde dir geschenkt und somit auch dein Leben.
Dein Atem sorgt für Verbindung.
Dein Atem ist so viel mehr, als du glaubst.
Der Atem, deine Quelle, deine Kraft.
Alles Liebe,
deine Antonia
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